Donnerstag, 17. Mai 2007

Regulatives Musiktraining

1. Abgrenzung zur Psychotherapie

Christoph Schwabe grenzte das von ihm entwickelte Regulative Musiktraining bereits vor 20 Jahren klar und deutlich von der Psychotherapie ab:

"Psychologische Entspannungsverfahren sind keine medizinisch-therapeutische Behandlung und können eine solche, wenn sie sich auf Grund spezifischer Beschwerdezustände bzw. Krankheitserscheinungen als notwendig erweist, nicht ersetzen.
Psychologische Entspannungsverfahren sind keine Therapie, sondern vielmehr Gesundheitstraining. Sie gehören also in den Bereich der Psychoprophylaxe, die auf die Verbesserung des Befindens und damit auf die Vorbeugung von beschwerden bzw. Krankheiten gerichtet ist. Deshalb ist auch mit Nachdruck davor zu warnen, bei vorhandenen Beschwerden nicht den Arzt aufzusuchen und anzunehmen, man könne sich mit Hilfe psychologischer Entspannungsverfahren selbst kurieren. Dort, wo Therapie notwendig ist, gehört sie in die Hand des Arztes. Nur er kann Beschwerden ausreichend diagnostizieren und auf dieser Grundlage die notwendigen therapeutischen Maßnahmen einleiten. … Das Gesagte trifft natürlich auch uneingeschränkt auf das Regulative Musiktraining zu. Diese Methode ist ja so konzipiert, dass sie ohne Anleitung durch einen Therapeuten bzw. durch einen Fachmann im Selbsttraining erlernt werden kann. Deshalb darf diese Methode bei vorhandenen Beschwerden keineswegs eine medizinische Behandlung ersetzen. Man würde sich selbst einen großen Schaden zufügen, wenn man durch Nichtbeachten solcher Hinweise Krankheitsentwicklungen übersähe und es versäumte, eine fachgerechte Diagnose stellen zu lassen und sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen." (Schwabe, 1987, 17 f.)

2. Regulative Musiktraining und Psychopharmakamißbrauch

Die Worte von Christoph Schwabe zum Medikamentenmissbrauch sind heute aktuell wie vor 20 Jahren.
"Es hat sich bei einer Vielzahl von Menschen zur Gewohnheit gemacht, jedem Erregungszustand mit einem Beruhigungsmittel zu begegnen und bei Müdigkeit und Abgespanntheit zu Stimulantien zu greifen. Dies ist insofern gefährlich, weil sich der Organismus im Laufe der Zeit an die chemischen Substanzen anpasst, dass heißt, keine Wirkung mehr zeigt und daraufhin die Dosis bei der Einnahme erhöht werden muß. Die Anpassung des Organismus an die chemischen Substanzen ist aber nicht gleichzusetzen mit Gewöhnung bzw. Verarbeitung. Nachgewiesenermaßen kann die unkontrollierte Dauereinnahme von Medikamenten auch zu körperlichen Schädigungen führen, wobei in der Regel die Ursachen nervös bedingter Störungen trotz Medikamenteneinnahe und trotz zeitweiliger Linderung nicht beseitigt werden, sondern weiter bestehen. Wenn wir davon ausgehen, dass sogenannte nervöse Störungen wie ständige Hektik, innere Unruhe, Kopfschmerzen, Schlafbeeinträchtigung Ausdruck von verspannter unharmonischer Lebensgestaltung sind, dann wird die Ursache dieser Störungen, nämlich die falsche Lebensgestaltung, nicht durch ständige Einnahem von Beruhigungsmitteln behoben, sondern bleibt trotz dadurch zu erzielender momentaner Verbesserung des Befindens weiterhin bestehen. Aus diesem Grunde ist die zur Regel gewordenen unkontrollierte Einnahme solcher Medikamente keine Lösung auf Dauer, sondern führt vielmehr langzeitig gesehen eher zu einer Verschlechterung des Zustandes." (Schwabe, 1987, 19f)

Das Regulative Musiktraining besteht aus eigener individueller und selbstverantwortlich gestalteter Aktivität und unterscheidet sich in erheblicher Weise vom Medikamentenkonsum. Die Kontinuität des Trainings kann durch Motive der Selbstverwirklichung und dadurch erzielte Befriedigung, Lust und Freude gefördert werden.

3. Zielsetzungen des regulativen Musiktrainings

Spannung und Entspannung werden im Konzept des regulativen Musiktrainings in direktem Bezug zur alltäglichen Lebensgestaltung gestellt. Entscheidend ist: für die eigene Lebensgestaltung hat der Einzelne selbst die Verantwortung zu übernehmen. Ein aktives Training setzt sich von der passiven Medikamenteneinnahme ab. Hier geht es um die Befähigung zur Selbsthilfe.
Gesundheitsförderliche Verhaltensweisen sollen zur routinierten Gewohnheit werden. Vom autogenen Training, der progressiven Musikelrelaxation und der konzentrativen Entspannung unterscheidet sich die regulative Musiktherapie dadurch, "Daß sie nicht ausschließlich auf die Beeinflussung und Wahrnehmung von Körperfunktionen gerichtet ist, sondern in dem Aufmerksamkeitsbereich neben dem Körper auch Gedanken, Gefühle und Stimmungen, sowie die Wahrnehmung von Musik mit einbezieht." (Schwabe, 1987, 16)
Das Ziel des regulativen Entspannungstrainings besteht in der Erhöhung der Fähigkeit zur Spannungsregulierung. Es geht nicht darum, höchstmögliche Spannungsqualitäten zu vermindern, wie es auch weniger um ein ''Abschalten'' als vielmehr um die Fähigkeit zum ''Umschalten'' geht. Es geht auch nicht um Entspannung im Sinne von Erschlaffung, sondern um die Verbesserung der Fähigkeit, Lösungen herbeizuführen.
Durch regelmäßiges Üben soll gezielt Einfluß auf die Lösung innerer Verspannungszustände genommen werden. Gezielt wird auf effektivere Leistungsfähigkeit im Sinne von ökonomischen Leistungseinsatz und Steigerung des Wohlbefindens.

Literaur
Schwabe, Christoph (1987) Entspannungstraining mit Musik. 2. Aufl. 1987, Leipzig: Georg Thieme.

Keine Kommentare: