Samstag, 3. März 2007

Tanz- und Musiktherapie zur Behandlung autistischer Störungen


Die Musik- und Tanztherapeutin Claudia Maria Weber hat ein hervorragendes Therapiekonzept zur Behandlung autistischer Störungen entwickelt und in ihrem Buch 'Tanz- und Musiktherapie zur Behandlung autistischer Störungen' veröffentlicht.
Musik- und tanztherapeutische Methoden
Nach Vorstellung von Ergebnissen der Autismusforschung kommt Claudia Maria Weber zu den tanz- und musiktherapeutische Methoden vorheriger Autoren zur Behandlung autistischer Störungen. Diskutiert werden Ansätze der Tanztherapie zur Behandlung autistischer Störungen von Liljan Espenak, Dagmar Koslowski und Yael Ophir, dann entsprechende musiktherapeutische Konzeptionen von Juliette Alvin, Paul Nordhoff & Clive Robbins, Gertrud Orff und Karin Schumacher.
Bei der Entwicklung ihres eigenen Therapiekonzeptes zur Behandlung autistischer Störungen bindet Claudia Maria Weber übrigens die multimodale musiktherapeutische Konzeption von Karl Hörmann sehr stark ein.
Spezifische Vorgehensweise
Die Entwicklungsauffälligkeiten der autistischen Störung werden von Claudia Maria Weber in einer klientenzentrierten Form und in der Einzeltherapie behandelt. Dabei steht der beeinträchtigte Kontakt des autistischen Kindes zur sozialen Umwelt im Zentrum des therapeutischen Geschehens. Die Therapie erfolgt mit einem kognitionspsychologischen Verfahren auf bewegungsanalytischer Grundlage. Die Behandlung erfolgt in drei Stufen: 1. Wahrnehmungsorganisation, 2. Erlebnisvertiefung und 3. Handlungsaktivierung.
Von zentraler Bedeutung ist bei Weber die Beziehungsaufnahme zwischen Patient und Therapeut (vgl. Weber, 1999, 55) Zur Kontaktanbahnung orientiert sie sich u.a. am ISO-Prinzip, entsprechend reagiert Claudia Maria Weber zur Kontaktanbahnung mit synchroner Interaktion auf das autistische Verhalten ihrer autistischen Klienten.
Dabei können Bewegungen und Äußerungen des Kindes beispielsweise gespiegelt werden, Claudia Maria Weber verfügt über ein umfangreiches nonverbales methodisches Repertoire, hierzu gehört nicht zuletzt auch die Rhythmisch-Energetischen-Strukturanalyse (RES-Analyse).
Musik wird in der Phase der Kontaktaufnahme von Claudia Maria Weber auch als intermediäres Objekt im Sinne des argentinischen Musiktherapeuten R. O. Benenzon eingesetzt.
Die Anforderungen bei der Kontaktaufnahme und beim Halten von Kontakt sind beim autistischen Klienten besonders hoch. Eine zu direkte Kommunikation mit dem autistischen Kind ist nicht angezeigt, wenn vergegenwärtigt wird, dass diese Kinder oft den direkten Augenkontakt nicht aushalten können und daher meiden. Claudia Maria Weber weist darauf hin, dass mit einem nicht-direktivem Kommunikationsmittel dagegen eine angstfreiere Interaktionsmöglichkeit genutzt werden kann.
"Die Musik wird also in der Behandlung eines autistischen Kindes gezielt eingesetzt als nonverbales Verständigungsmittel zur Begleitung bzw. Unterstützung einer Geste, eines Lautes, eines Bewegungsablaufes des Kindes. Gleichförmigkeit gibt dem autistischen Kind Sicherheit. Die musikalische Darbietung sollte einfach strukturiert sein, aber auch Abwechslungen beinhalten, um eine Weiterentwicklung zu gewährleisten." (Weber, 1999,56)
Doch beim ISO-Prinzip ist nicht stehenzubleiben. Claudia Maria Weber zeigt auf, wie wichtig es ist zum Level-Prinzip fortzuschreiten:
"Die Rolle der Therapeutin besteht in der Kommunikation. Sie fordert gleichzeitiges Geben und Nehmen. Dabei vollzieht sich die Interaktion zwischen zwei Polen: der Akzeptanz und der Konfrontation. ... Aus einer gut dosierten Konfrontation kann sich ein Impuls ergeben, der zum Gegenimpuls einlädt. ... Das entspricht den Formen der Entwicklung von der Akzeptanz und Konfrontation zur Autonomie" (Weber, 1999, 57)
Claudia Maria Weber betont, wie bedeutungsvoll die Verbindung von Musik und Bewegung ist und beschreibt Möglichkeiten, auf das Bewegungsverhalten eines autistischen Kindes abgestuft zu reagieren. Hierzu unterscheidet sie die Modalitäten analog, kongruent, kontrastierend und autonom:
"Imitiert die Therapeutin die kindliche Bewegung im Sinne von Führen und Folgen, so ist die Umsetzung kongruent. Analog ist eine Transposition, die nicht mehr die einzelnen Details, sondern nur noch den Bewegungsduktus aufnimmt und damit die dem gesamten Bewegungsverhalten zugrunde liegenden inneren Zusammenhänge darlegt. Bei der kontrastierenden Umsetzung legt die Therapeutin die entgegengesetzten Pole des Bewegungsgeschehens offen. Eine völlig eigenständige Stellungnahme zur Vorgabe des Kindes wird als autonom bezeichnet." (Weber, 1999, 58)
In der Stufe der Erlebnisvertiefung arbeitet die Musiktherapeutin darauf hin, dass das autistische Kind selbst ein Gespür für die einzelnen Modalitäten seines Verhaltens erzielt.
Das Ziel in der Handlungsaktivierung besteht für Claudia Maria Weber in der Verbesserung des attunements, wobei eine in sich stimmigere rhythmisch–energetische Struktur angezielt wird. Dabei geht es also um eine multimodale Integration.
Claudia Maria Weber stellt klar, dass die Zielerwartungen vom jeweiligen Individuum abhängig sind. (vgl. Weber, 1999,59) Der Grad der Zielerreichbar ist messbar (Evaluation). Hierzu legt Claudia Maria Weber folgende Auswertungskriterien vor:
- ganzheitliche Handeln - Gestimmtheit (Befindlichkeit) des autistischen Kindes - Evaluation - Bewegungsverhalten - selektive Aufmerksamkeit - Beziehungs- und Kontaktfähigkeit - Selbstbezug - Fremdwahrnehmung - Spektrum der Lautäußerungen - Sprachrepertoire - Stimmführung - stereotype Bewegungen und Äußerungen - Aggressionen und Autoaggressionen Claudia Maria Weber bietet ein stimmiges multimodales Konzept zur Behandlung von autistischen Kindern.
Literatur:
Weber, Claudia Maria (1999) Tanz- und Musiktherapie zur Behandlung autistischer Störungen. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.

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