Freitag, 8. Dezember 2006

Hörmann'sche Musiktherapie als RIM-Therapie

In Thesen zur Musiktherapie wurde die Hörmann'sche Musiktherapie bereits als ein herausragendes Modell einer RIM-Therapie identifiziert.

Nun sollen drei methodische Fragen bearbeitet werden:

1) Wie lassen sich Effizienz, Effektivität und Wirtschaftlichkeit in der Musiktherapie erreichen?

2) Wie läßt sich die Verbindung zwischen Mensch und Musik herstellen?

3) Wie können Instrumente zur Erforschung der nonverbalen Kommunikation in Therapie / Pädagogik oder der Sozialarbeit eingesetzt werden?

Als Schnittstelle der multimodalen Forschung wurde die von Karl Hörmann entwickelte RES-Analyse aufgezeigt.

Reduzierte musiktherapeutische Vorgehensweisen erscheinen minderoptimal oder verfehlt, Beispiele nach Hörmann (2006):

- Vorgehensweisen, die sich auf die Erzeugung von Entspannung reduzieren
- Vorgehensweisen, die sich an der Erzeugung von Assoziationen und deren Deutung reduzieren
- Vorgehensweisen, die sich auf die physische Stimulans von Bewegungsaktionen reduzieren

Auf der Suche nach effizienten und effektiven musiktherapeutischen Vorgehensweisen bietet es sich an auch die multimodalen Möglichkeiten musiktherapeutischer Vorgehensweisen ins Auge zu fassen.

Daher wurde die von Hörmann entwickelte 'Rhythmisch-Energetische Strukturanalyse' (RES-Analyse) als Instrument der multimodalen Forschung vorgestellt.

Hier soll nun aufgezeigt werden, dass die RES-Analyse nicht nur als Instrument der Bewegungsbeobachtung eingesetzt werden kann. Darüber hinaus ermöglicht die RES-Analyse:

1. Die Analyse auditiver und kinästhetisch-taktiler Ausdrucksformen

2. Die Ableitung individueller Therapieziele aus den Ergebnissen der Analyse

3. Die Überprüfung inwieweit Therapieziele erreicht worden sind (Evaluation).

Eine spezifische Qualität der RES-Analyse wurde in ihrer multimodalen Kapazität identifiziert, der Einsatz der RES-Analyse berücksichtigt visuelle, auditive und taktil-kinästhetische Verarbeitungsmodalitäten im Kommunikationsprozess.

Die wichtigen nonverbalen Informationen im Kommunikationsprozess werden daher nicht verschenkt, sondern genutzt. Dies macht die RES-Analyse zu einem leistungsfähigen Instrument multimodaler Diagnostik.

Die Ergebnisse der RES-Analyse sind objektiv nachvollziehbar und damit auch prinzipiell überprüfbar. Diagnostik wird damit um eine phänomenologische Diagnostik des non-verbalen Verhaltens und der nonverbalen Kommunikation ergänzt.

These: In Therapie, Pädagogik und Sozialarbeit kann die RES-Analyse als Dreh- und Angelpunktes für eine nonverbale Arbeit genutzt werden, wenn die Informationen aus unterschiedlichen Kanälen im Sinne des RES-Semiotik (vgl. Hörmann, 2004) berücksichtigt werden.


Nach dieser These erschöpft sich die RES-Analyse nicht als Instrument der Bewegungsbeobachtung, denn sie berücksichtigt neben dem visuellen Kanal auch die akustische und kinästhetische Dimension des aktuell zu analysierenden Verhaltens. Die RES-Analyse im Kontext der RES-Semiotik gehört auch nach meiner Einschätzung zu den leistungsfähigsten Instrumenten der aktuellen multimodalen Forschung.

In seiner Arbeit von 2006 expliziert Professor Dr. Dr. Karl Hörmann sein Verfahren hinsichtlich Bewegungsspuren. Bewegungsspuren im Raum können von unterschiedlichen Beobachtern aufgezeichnet werden. Die Ausprägung ihrer besonderen Qualität kann gemessen und aufgezeichnet werden.

Das Hörmann'sche Musiktherapiemodell verzichtet als objektivierbares Verfahren weitgehend auf suggestive Interventionen, denn spekulative Deutungen leiten nicht selten in die Irre.

Statt zu Spekulieren befasst sich der RES-Analytiker mit nonverbal beobachtbaren Informationen, die über unterschiedliche Kanäle gesendet und empfangen werden können. Bei der Übertragung von Information gilt es Sender wie Empfänger zu beachten und dabei auch die Kodierung und Dekodierung von kommunikativen Signalen zu berücksichtigen.

Bei der Analyse ist beispielsweise relevant, ob die Signale über dem visuellen Kanal gesendeten Signale kongruent mit denen des auditiven und kinästhetischen sind oder nicht. Aus der RES-Analyse werden Daten gewonnen, die für den Verlauf therapeutischer und pädagogischer Interventionen von Bedeutung sind.

Doch ist der Einsatz der RES-Analyse in Pädagogik und Therapie kein Selbstzweck. Denn sowohl Therapie, Pädagogik und Sozialarbeit unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von einer blossen Forschung! So dient die personenzentrierte RES-Diagnostik auch der Erarbeitung von Therapiezielen.

Die RES-Diagnostik zeichnet sich aber nicht nur durch Überprüfbarkeit und als objektivierbares nonverbales diagnostisches Verfahren aus, denn hinzu kommt auch ein Merkmal, welches mit dem Prädikat Evidenz beschrieben werden könnt.

Denn die Überprüfbarkeit der RES-Diagnostik ist nicht nur durch mehrere Diagnostiker möglich, sie erleichtert auch die Einbeziehung des Klienten. Ein Klient, der aktiv an der eigenen Diagnostik beteiligt wird, hat dadurch einen weit höheren Anteil an seiner Befähigung als zumeist üblich.

Diese erhöhte Beteiligung des Klienten hat viele Vorteile und erhöht die Chance zur Teilhabe an einer effizienten und effektiven Pädagogik / Therapie.

Wenn ein Klient bei seiner Zielfindung unterstützt wird und sein Ziel selbst formuliert, wenn ein Klient darüber hinaus dazu angeleitet werden kann, dieses Ziel in einer systematischen Vorgehensweise zu erreichen, dann nutzt solch eine Verfahrensweise auch die kognitiven Kapaziten des Klienten. Auch Vernunft und Wille des Klienten sind also zu beteiligen, wenn die Therapie nicht nur wirtschaftlich, effektiv und effizient sein möchte, sondern darüber hinaus das Objekt dieser übergeordneten Ziele auch tatsächlich der Klient ist, der von einer solcherart optimierten Therapie profitiert.

Dieses wird in der Sozialarbeit 'klientenzentrierte Hilfe' genannt, die sich absetzt von institutionszentrierten Hilfen.

Das Konzept der klientenzentrierten Hilfen wird in der psychosozialen Arbeit derzeit realiert, etwa in der Hilfeplanung der psychosozialen Hilfen im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gesundheitsämter, Landschaftsverbände als Träger derüberörtlichen Sozialhilfe (z.B.: der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeiten derzeit nach dem Modell der 'Personenzentrierten Hilfe' (vgl. Fierus, 2004, 29-33).

Es bietet ein reiches Spektrum von Vorteilen für die Motivation, wenn Klienten mit ihrem eigenen Verstand (kognitiv) nachvollziehen können, wie sie sich dazu befähigen können, Ziele zu erarbeiten, an diesen Zielen festzuhalten und diese Ziele konsequent zu verfolgen.

Die pädagogisch/therapeutische Arbeit wird dabei dadurch erleichtert, wenn der Pädagoge/Therapeut auch über Kenntnisse verfügt, wie dieses zu erreichen ist.

In der Praxis mit chronisch psychisch kranken Menschen kommt es übrigens oft darauf an, den Klienten dabei zu unterstützen, für ihn realistische Ziele zu setzen, also Ziele zu formulieren, die auch in einem benennbaren Zeitraum für ihn erreichbar sind.

Der Einsatz der RES-Analyse bietet für viele Klienten eine nachvollziehbare diagnostische Vorgehensweise. Da auf einer phänomenologischen Ebene vorgegangen wird, können viele Klienten prinzipiell auch RES-analytisch geschult werden.

In der RES-Analyse geschult, kann aber auch die Wahrnehmung des eigenen Bewegungsverhaltens verbessert werden. Die Vorgehensweise bietet ein strukturierendes Potential.

Psychoanalytische Spekulation und Deutungen sind beispielsweise bei der Arbeit mit Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind nicht angezeigt. Dies ist allerdings keine neue Information.

Mit strukturierter Vorgehensweise können Chancen genutzt werden, zielgerichtet Fähigkeiten aufzubauen und zu verbessern. Auf einer befähigteren und selbständigeren Ebene kann der Klienten seine eigenen Therapiefortschritte besser überprüfen.

Die Arbeit mit dem RES-System beinhaltet, und das ist bislang deutlich geworden, Übung und Training. Sie zielt auf eine Befähigung des Klienten und damit auf eine Ressourcenerhöhung.

Die Hörmann'sche Musiktherapie offenbart sich damit als eine ausgeprägt ressourcenorientierte Methode, die sich auch in der Sozialen Arbeit und in der Pädagogik bewähren kann.

Die Hörmann'sche Musiktherapie bietet sich damit an, als Modell betrachtet zu werden, als Modell für eine ressourcenorientierte integrative multimodale therapeutisch/pädagogische Methode.

Zusammenfassung:

In der Musiktherapie, der Musikpädagogik und der Sozialarbeit wird vor vor allem auf eine Befähigung des Individuums gezielt.
Auf der Grundlage der RES-Diagnostik können pädagogische und therapeutische Ziele erarbeitet werden. Stehen die Ziele fest, ist der Klient dabei zu unterstützen, auf die Zielerreichung systematisch hinzuarbeiten.
Dabei bietet der Einsatz der RES-Analyse die Möglichkeit, den Grad der Zielerreichung auf einer phänomenologischen Ebene zu kontrollieren (Evaluation). Wenn der Klient dazu angeleitet werden kann, die Erreichung seiner Teilziele bewußt wahrzunehmen (kognitives Unterstützungsmanagement), kann damit sowohl die Motivation wie auch die Compliance des Klienten gefördert werden.
Damit das ganze auch Spass und Freude bereitet, sollten die musiktherapeutischen Stunden so vorbereitet werden, dass ein erlebnisreiches Musizieren erleichtert wird.


Quellen:

Hörmann, Karl (2006) Bewegungsspuren als Mittel zur Evaluation von Musiktherapie. In: Hörmann, Karl; Becker-Glauch, Wulf; Bertolaso, Yolanda; Elbing, Ulrich; Hörmann, Georg; Klosinski, Gunther (Hrsg.) Musik- Tanz- und Kunsttherapie. Themenheft: Evaluation in den künstlerischen Therapien. 3/2006, Hogrefe, S.146-155.

Hörmann, Karl (2004) Musik in der Heilkunde. Münster: Paroli.

Hörmann, Karl (2000) Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung. Münster: Paroli.

Fierus, Gerd (2004) Künstlerische Therapien in der Psychiatrie. Münster: Diplomarbeit wissenschaftliche Weiterbildung Musiktherapie.

RIM-Therapie und RIM-Pädagogik im Musiklabor
a) Thesen zur Musiktherapie
b) RIM-Konzeption in Kurzfassung
c) RIM-therapeutische Perspektive
d) RIM-Pädagogik anhand eines Beispiels
e) RIM-Forschung und erfolgreiches Lernen
f) Bewegungspädagogik als RIM-Pädagogik

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